Glück auf, Glück auf ! Der Steiger kommt,
und er hat sein helles Licht bei der Nacht,
und er hat sein helles Licht bei der Nacht
schon angezündt, schon angezündt.
… so schallt es mir entgegen, als ich die Treppenstufen zur Standseilbahn hochkomme. Ich habe mir in der vergangenen Woche die Ausstellung „Das Zeitalter der Kohle – Eine europäische Geschichte“ im Ruhrmuseum in Essen angesehen. Genauer gesagt in der Mischanlage der Kokerei Zollverein. Weiterlesen →
Seit ihr eigentlich froh in der Jetztzeit zu leben? Wir schreiben das Jahr 2014 und die Nachrichtensendungen vermelden nur selten wirklich gute Nachrichten. Trotzdem haben wir eine Menge Dinge, an die man vor 50 Jahren nicht einmal gedacht hat, geschweige vor 100 Jahren. Daher blickt das LVR Industriemuseum zusammen mit dem Ruhrmuseum Essen in der Mischanlage der Kokerei Zollverein z.Zt. 100 Jahre zurück. Zurück auf „1914 Mitten in Europa„. So lautet der Name der Ausstellung, welche auf den ersten Weltkrieg zurückblickt. Aber nicht nur auf den Weltkrieg, sondern auch auf die Epoche der Jahrhundertwende auf Wohlstand und technische Innovationen, welche zu Beginn des 20. Jahrhunderts bereits existierten.
Der Besuch startet im südlich vorgelagerten Wiegeturm (Parkplatz C) mit einer Fahrt der 150 Meter langen Standseilbahn. Man muß sich sogar anschnallen, dann rumpelt es etwas und ehe man sich versieht ist man auch schon in der oberen Ebene der Ausstellung angekommen. Ich dachte es wäre kühl dort drinnen, ihr wißt schon dicke Mauern und so, war es aber nicht, es war wie draußen auch um die 30 Grad, vielleicht 2 Grad kühler. Dafür stand die Türe zum Außenbereich offen. Also schnell mal einen Blick auf die Kokerei und das Werksschwimmbad von oben. Allerdings war der Blick nicht ganz neu, ich stand dort schon mal während der Führung durch die Kokerei.
Die Ausstellung startet mit einem Überblick über die damaligen Errungenschaften, der Motorwagen, der Ottomotor, Kaisers Kaffee Geschäfte, die ersten Rechenmaschinen (namens „TIM“ = Time is money), einen Schnelltelegrafen, Aspirin oder die Kleidung dieser Zeit, um nur einiges zu nennen. Diese Etage stellt sprichwörtlich den Vorabend des Ersten Weltkriegs dar. Das war die Zeit, in der Züchtigung von Kindern noch empfohlen wurde! Eine Etage tiefer befinden sich dann die Zeichen des Kriegs. Waffen von der Pistole über das Maschinengewehr bis hin zur Kanone. Dazu die Schutzeinrichtungen der Soldaten und die Produktionsstätten der Waffen und Munition in der Rhein-Ruhr-Region. Man erfährt von der Begeisterung, mit der junge Männer damals in den Krieg zogen und dem Start der „plastischen Chirurgie“, wenn die Männer zum Teil schwer verletzt wieder zurückkehrten.
Im dritten Teil der Ausstellung, zu begehen über die langgezogene Treppe in der Mischanlage, geht es um die Nachwehen des Krieges mit Hunger, Revolution und Besatzung. Aber auch neue Technik von der Hollerithmaschine (Start der Datenverarbeitung) über den Rundfunkempfänger bis zum „Saugling“, einem der ersten transportablen Staubsauger aus den Borsigwerken in Berlin. Im Nachhinein habe ich mir überlegt, ob es sinnvoll gewesen wäre 3,- € zusätzlich für den Audioguide auszugeben, denn an der einen oder anderen Stelle kam ich mir schon etwas verloren vor ohne nähere Erläuterung der Exponate. Andererseits hatte ich mir 2 Std. Besuchszeit vorgenommen und denke, daß der Audioguide einen doch länger bindet. Wenn ihr Interesse habt, hört doch mal hier testweise rein, ob sich der Audioguide für euch lohnt (ZIP Datei mit einer Hand voll MP3’s).
Letztendlich habe ich mit Fotos machen rund 2 1/2 Stunden in der Ausstellung verbracht. „1914 Mitten in Europa“ läuft noch bis Ende Oktober (26.10.2014). In dem folgenden YouTube Beitrag gibt euch das LVR Industriemuseums noch einen kurzen Einblick in bewegten Bildern. Weitere Fotos gibt’s bei Google+ bzw. Flickr (etwas zurückscrollen weil in der Zeitschiene vor dem Grugaparkbesuch).
Da toure ich jetzt seit 2010 durchs Ruhrgebiet und die Ruhrtriennale ist mir durchaus ein Begriff, aber ich habe noch nie irgendeine Vorstellung o.ä. besucht. Der Grund könnte sein, daß die Karten i.d.Regel schnell vergriffen sind, zum anderen aber auch, daß das mit der Kunst immer so eine Sache ist. Aktuell läuft die vierte Triennale (von 2012 – 2014) und gestern habe ich mich in einer Karftzentrale von Maschinen- und technoähnlichen Geräuschen kombiniert mit gleißend hellem Licht maltretieren lassen, in einer Kohlenmischanlage in künstlichem Nebel gestanden und von wummernden Bässen durchrütteln lassen und beinahe unter einer Dusche mit 800 Litern Wasser … pro Sekunde gestanden. Alle diese Erlebnisse sind Teil der Ruhrtriennale 2013 und kostenfrei zugänglich.
Start war an der Zeche Zollverein. Dort findet ihr bis zum 6. Oktober (täglich außer bei zu starkem Wind) den rAndom International: Tower. Aus 19 Metern Höhe schießt aus 520 Düsen 800 Liter Wasser pro Sekunde(!) herunter. Bewaffnet mit einem Regenmantel (hängt vor Ort aus) kann man sich in die Mitte des Rechtecks (6 x 8 Meter) stellen, aber auch mitten in den Wasserstrom. Nein, ich habe es nicht ausprobiert, weil ich noch was vor hatte an dem Tag und befürchtet habe, völlig durchnäßt den Resttag verbringen zu müssen. Aber es muß wohl eine tolle Erfahrung sein, wenn ich mir betrachte, wieviele Menschen den Versuch gewagt haben.
Der Weg ging weiter entlang des Zollvereingeländes zur Kokerei. Am Bahnhof Zollverein stand ein Schienenbus und wartete auf Fahrgäste, das „Werksschwimmbad“ der Kokerei Zollverein hatte auch geöffnet aber ich wollte in die Mischanlage. Mischanlage? Der Name erinnert vielleicht an sowas wie Betonmischanlage ;-). Nein, hier wurden früher die verschiedenen Kohlesorten gemischt, Fettkohle, Magerkohle (die esse ich immer ;-)) … na und so weiter. In die Mischanlage kommt man an normalen Tagen nicht rein, höchstens bei einer Führung. Also nix wie los, mit dem Aufzug in die 3. Etage, kurze Erklärung von dem armen Menschen abgeholt, der da den ganzen Tag im Dunkeln stehen muß und dann zu Douglas Gordon: Silence, Exile, Deceit.
Bereits beim Zutritt über die Treppe hinunter in die 2. Etage wirft selbige einen gruseligen Treppenschatten an die Wand. Nebel kommt einem entgegen, rechts sitzt eine Krähe (auf einem Bildschirm), links ist auf einer locker 2 Meter großen Leinwand das Umfeld zu sehen in dem man gerade steht. Auf der Leinwand wird in Stößen Feuer entfacht, während um einen herum die Bässe derart wummern, das es im Bauch kribbelt. In der Mitte des Kohletrichters gespenstige Beleuchtung, andere Besucher huschen an den Fenstern gegenüber vorbei. Man kann die Runde wieder und wieder drehen, Fotomöglichkeiten auskundschaften, in Nebelwolken verschwinden. Tolle Installation.
Schon mal überlegt euer Radio und TV Gerät nach Sendeschluß (ach ne gibt’s ja nicht mehr), dann eben auf einen Kanal einzustellen, bei dem der Empfang schlecht ist und dann die Kiste volles Rohr aufzudrehen? Dazu die Stereoanlage auf Rückkopplung zu programmieren und einen Basketballstar in einer leeren, wiederhallenden Sprothalle dribbeln zu lassen? Wie jetzt … nein ;-)? So ähnlich ergeht es einem in der Kraftzentrale des Landschaftsparks Duisburg Nord (LaPaDu). Dort läuft nämlich eine Videoinstallation mit dem Titel „Ryoji Ikeda: test pattern [100 m version]“.
Es quietscht und pfeift, kurz leise, dann wieder ohrenbetäubend laut. Gut, daß ich eh schon halb taub auf einem Ohr bin. Zuerst auf die Empore rauf und das ganze Spektakel von oben betrachten. Auf dem Boden liegt 100 m heller Belag, eine Art Leinwand auf dem Fußboden. An der Decke der Kraftzenztrale Projektoren die Strichcodeähnliche Bilder auf den Boden spielen. Erst langsam, dann schneller werdend. Dann große weiße Vierecke, gefolgt von großen schwarzen Vierecken. Dazwischen Besucher als Teil der Installation. Die Treppe wieder runter, Schuhe aus und die „Leinwand“ betreten. Jetzt bin ich Teil der Kunst und merke, mir donnern die Bässe in den Bauch und pfeifen die hohen Töne in den Ohren. Mir ziehen die Streifen den Boden unter den Füßen weg :-o.
Um euch mal einen Eindruck zu vermitteln, habe ich die DigiCam (die Videokamera hatte ich leider nicht dabei) mal auf Aufnahme gestellt und euch anschließend einen 1:30’er Filmchen auf YouTube hochgeladen. Eins vorweg, die DigiCam war mit dem Ton leicht überfordert, aber schaut selbst.
Achtung – Die Präsentation in Duisburg lief an diesem Wochenende (23.-25.08.2013) und dann wieder vom 04.-15.09.2013. Geht nicht hin, wenn ihr Probleme mit lauten Geräuschen oder mit flackernden Bildern oder Bildschirmen habt. Die WAZ berichtete von der Eröffnung und hier findet sich auch noch eine weitere (nicht von mir) erstelle Vorstellung des Projekts.