Mal eine Frage, wieviel Bezirke (Kieze) gibt es eigentlich in Berlin? Na was meint ihr? Die Antwort lautet 12 Bezirke und ein Großteil der Touristen hält sich in Mitte oder Friedrichshain-Kreuzberg auf. Vielleicht noch in Prenzlauer Berg (zu Pankow gehörig). Warum? Weil sich dort die Hotspots befinden, die jeder Reiseführer empfiehlt. Darum fahre ich heute ganz woanders hin, hinaus nach Spandau und nach Charlottenburg-Wilmersdorf. Eine schöne Übersicht über die Kieze bietet übrigens die kostenlose App „Going Local Berlin“.
Erstes Ziel für heute ist die Zitadelle. Die U-Bahn bringt mich fast bis vor das Tor, nur noch 500 Meter zu Fuß. Schon um kurz nach 10:00 Uhr zeigt die Maisonne, daß sie Kraft hat. Die Zitadelle hat bereits eine lange Geschichte hinter sich und der zugehörige Juliusturm soll sogar das älteste Bauwerk Berlins sein. Nach Entrichten des Eintritts (WelcomeCard nutzen) darf ich mich frei auf dem Gelände bewegen. Ich verschaffe mir einen ersten Eindruck auf dem Hof, danach geht’s erstmal auf den Turm. Nach 153 Stufen werde ich auf der obersten Ebene mit einer beeindruckenden Aussicht belohnt.
Ihr erreicht den Juliusturm durch ein kleines Museum mit der Geschichte von Burg und Festung. Ein weiteres Museum informiert über die Stadtgeschichte und in der Exerzierhalle befindet sich eine Ausstellung mit historischen Kanonen. Ich überfliege die Museen heute jedoch nur, denn der Zeitplan ist eng gesteckt. Wenn ihr euch in Ruhe umschauen wollt, plant 1-2 Stunden Zeit ein und wenn ihr das nächste Mal aus Richtung Westen auf Berlin zufliegt, schaut mal rechts aus dem Flugzeugfenster. Vielleicht könnt ihr die Zitadelle entdecken, denn sie liegt unweit der Einflugschneise zum Flughafen Tegel.
Nach einer großen Außenrunde verlasse ich die Zitadelle und besuche das älteste Siedlungsgebiet innerhalb der Altstadt von Spandau, Behnitz bzw. Kolk. Auf der anderen Seite der Brücke über die Havel zeugen holperiges Kopfsteinpflaster, Fachwerkhäuser und der Rest der Spandauer Stadtmauer von früher. Nach soviel Eindrücken könnte ich jetzt etwas kühles gebrauchen und siehe da, bevor ich wieder auf die Hauptstraße trete, lacht mich eine Eisdiele an. Mit dem Eisbecher in der Hand geht es zu Fuß weiter in Richtung Rathaus. Cafes, Geschäfte, die Spandauer Altstadt hat alles, was man braucht, ohne den touristischen Trubel.
Zweites Ziel für heute ist der Teufelsberg, lange Jahre der Horchposten der Amerikaner und Britten. Nach der Wiedervereinigung ist die Radarstation auf dem Teufelsberg jedoch auf dem Müllhaufen der Geschichte gelandet. Ich fahre mit der S-Bahn bis zur Heerstraße und laufe dann doch gut und gerne 20-30 Min. zu Fuß. Zum Glück ist es sonnig und nur knapp über 20 Grad. Trotzdem komme ich leicht ins schwitzen. Lange war ich gar nicht sicher, ob ich richtig bin, denn Hinweisschilder habe ich keine gefunden. Ich quere den Parkplatz an der Teufelsseechausee und erreiche nach einiger Zeit die Spitze des Teufelsbergs, heute Treffpunkt für Künstler und Einheimische, ebenso wie für Besucher, die mal etwas anderes sehen möchten.
Es läuft Musik, eine Gruppe Jugendlicher hat es sich gemütlich gemacht, während Kunststudenten ihre letzten Objekte zusammenbauen. Ich hatte den Eintritt via Internet gebucht, weil ich an der historischen Führung über den Teufelsberg teilnehmen wollte. Dabei erfahre ich dann auch, daß der Teufelsberg bereits viele Bauherren hatte. In den 1930’er Jahren für eine nicht fertiggestellte Akademie des dritten Reichs, nach dem Krieg für die Abhörstationen der Amerikaner und Britten und in den 1990’er Jahren für Investoren, die sich sowohl an den Kosten also auch den Kritikern (Naturschutzgebiet) verkalkuliert haben. Die Akademie wurde längst mit dem Schutt aus dem zweiten Weltkrieg zugeschüttet und die Bauruinen der Investoren aus den 1990’er Jahren wachsen langsam zu.
Und die Abhöranlage? Die, oder das was davon übrig ist, ist noch weithin sichtbar. Leider ist es aus Sicherheitsgründen, obwohl schon 100’te Besucher oben waren, z.Zt. nicht mehr möglich auf den obersten Teil der Station zu klettern (Stand Mai 2018), weil jemand dem Bauamt erzählt hat, es wäre gefährlich. Somit gab es auch keine Aussicht über die Stadt 😦 . Trotzdem war die Führung interessant, vor allem wenn man, wie ich, kein Berliner ist. Die Abhörmöglichkeiten der Amerikaner und Britten, die übrigens nicht mit- sondern nur nebeneinander gearbeitet haben, wurden auf rd. 500 km Richtung Osten geschätzt und notiert wurde alles (Computer gab es schließlich noch nicht) auf Papier. Riesige Reißwölfe zerrissen allerdings auch alles, was doch nicht interessant genug war (täglich zwei Tonnen Papier) und das was übrig blieb, ist bis 2020 unter Verschluß.
Vielleicht gibt’s bis dahin wieder mal eine Skiabfahrt oder ein Skislalom wie 1986 anlässlich der 750-Jahr-Feier Berlins 😀 . Auf dem Berliner Teufelsberg ist alles möglich. Knapp 2 Stunden später mache ich mich wieder auf den Rückweg, schließlich liegen bis zur S-Bahn nochmal 20-30 Min. Fußweg vor mir. Berlin Bilder aus Spandau und dem Grunewald gibt’s wieder bei Flickr und GoogleFotos. Morgen geht’s dann ins Technikmuseum. Dort habe ich gemerkt, wie schnell doch die Zeit vergeht.
Teil 1 – Berlin 2018 – Sonnenuntergang