Museum grenzenlos Kunst–Design Dunkerque–Krefeld

Wenn ihr hier eine ernsthafte Kunstkritik erwartet, ist der nachfolgende Beitrag vielleicht nichts für euch. Wenn ihr meint, auch ein Blogbeitrag selbst kann gewissermaßen Kunst sein, dann herzlich willkommen.

Im Mai ist traditionsgemäß Internationaler Museumstag und damit Gelegenheit, mal Ausstellungen (bei freiem Eintritt) zu besuchen, die man sonst vielleicht nicht besucht hätte. So betrat ich letzten Sonntag das altehrwürdige Haus Lange und Haus Esters in Krefeld. Die Häuser wurden 1927/1928 als Privatvillen der Textilunternehmer Hermann Lange und Dr. Josef Esters von Mies van der Rohe im Bauhausstil erbaut und gehören jetzt zu den Kunstmuseen Krefeld, aber das wißt ihr ja alles schon.

Die Ausstellung, die mich begrüßt, ist gerade erst neu eröffnet und lautet „Museum grenzenlos Kunst–Design Dunkerque–Krefeld“. Krefeld und Dunkerque an der französischen Nordseeküste feiern 2024 ihre 50-jährige Städtepartnerschaft. À votre santé. Na dann mal los. Ich betrete das erste Haus und im ersten Zimmer erblicken meine Augen gleich drei als Hände geformte Hocker, wobei der mittlere mir den Mittelfinger entgegen streckt. Bestimmt eine französische Willkommensgeste. Ich strecke zurück. Eine Leuchtschrift an der Wand blinkt „Please God Make Tomorrow Better“. Das verstehe selbst ich und stimme zu.

Hinter dem Mittelfinger eine Reihe Zeug, das aussieht, als käme man gerade von der letzten Demo und während ich überlege, ob das so muß, entdecke ich eine Art weiß eigefärbtes Bonanzarad. Der Schalthebel der 3-Gang-Nabenschaltung war früher auf der Mittelstange, mein Freund hatte so ein ähnliches Rad. Damals haben wir unsere erste Zigarett … ich schweife ab. Ein Raum weiter ist dem Künstler das Sofa geplatzt, kein einfaches nein ein schwarzes Chesterfield Sofa und auf Boden und Wand verteilen sich Klumpen wie flüssige Flecken, wie ein Kuchen mit zu viel Hefe. Leute wer kommt denn auf die Idee? Überhaupt hat die Ausstellung sehr viele Sitzgelegenheiten, aber man darf nie sitzen.

Im Raum um die Ecke siehts ein bisschen aus wie im Keller, ein Haufen Schubladen, mit einem Spanngurt zusammen gehalten. Möbel im Geiste des Readymade (sagt der Begleittext an der Wand), ich nenne es Ikea „Schuppalade“. Ebenso (readymade) fertig macht mich die Figur, die nebendran mit Decken überhäuft steht. Ich erwarte, daß jeden Moment jemand rausspringt und Hurz ruft. Dann doch lieber zu einem Sessel aus Elektroschrott, man hätte eine SIM Karte einlegen können, nur wer telefoniert schon gern mit Stühlen am Ohr, oder ein Tisch, auf dem Insekten ein Muster gefressen haben. Gut abgehangen, noch schön rot, guten Appetit.

In der Küche ist noch der Frühstückstisch gedeckt, die Reste sind nicht essbar (ach was) und dann das ungemachte Bett in der ersten Etage. Mein innerer Monk würde gerne die Decke gerade ziehen und die Nachtischlampen ausmachen. Ich kann mich gerade so zurückhalten. Ich verlasse das erste Haus, betrachte die Leitplanke für den Kreisverkehr im Garten (hier kommt zusammen was zusammen gehört) und die Stühle, die mit Plastikmüll beklebt sind. Im Nachbargarten wähne ich mich kurz wie Alice im Wunderland. Sind das große Tassen? Nein es sollen kleine Schwimmbecken sein. Zwei Umkleidekabinen gibt’s auch. Ich habe keine Badehose dabei und ganz ohne? Besser nicht.

Das Haus nebenan begrüßt mich mit bunten runden Kissen auf dem Boden und einem Sessel ähnlichen Ding. Jetzt noch eine Kiste Klemmbausteine dazu und ich hätte mich lang hingelegt, aber man darf ja auch nicht liegen. Durch die Türen eines Stahlschranks, nennen wir ihn Narnia 2000, ein Schlafzimmer der 1990’er. An der Decke schweben 99 Luftballons. Ihr erinnert euch, orange und türkis ersetzen Zebrafellmuster, Lack und Vergoldungen (sagt der Begleittext). Mhmm, ich muß die 90’er in einem Paralleluniversum verbracht haben.

Auf dem Tisch nebenan liegt ein T-Shirt von Ernesto „Che“ Guevara. Keine Ahnung warum, ich rufe Revolution und werde komisch angeguckt. Kinder spielen erlaubterweise an einem Fußballkicker, ein Schiebepuzzle an der Wand würde einen Spiegel ergeben, wenn man richtig schieben würde und auf dem Sideboard stehen eine Hand voll Pfandflaschen. Beinahe hätte ich noch ein Selfie mit einem Hut aus Pappe vor einer grünen Wand gemacht, das war mir dann aber doch zu peinlich. Das Aufsichtspersonal guckt immer so streng. Über Kunst kann man vortrefflich streiten und manchmal breit grinsen.

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