Willkommen bei der nächsten Katastrophe

Es ist mir unverständlich, warum ich z.B. bei Twitter lese, daß alle das Dschungelcamp hassen, in dem Link „Die Mär vom Unterschichtenfernsehen“ aber anscheinend bestätigt wird, daß die Show quer durch alle Bevölkerungsschichten geguckt wird.

Ihr erinnert euch, vor ein paar Tagen habe ich verschiedene Firmen per e-mail angeschrieben und nach ihren Beweggründen gefragt während des RTL Dschungelcamps Werbung zu schalten. Geantwortet haben vier von insgesamt acht stichprobenartig angeschriebenen Firmen.

Die ehrlichste Antwort kam von der Firma Carglas. Man ist sich dort des Sendekonzeptes sehr wohl bewußt, geht aber davon aus, daß die Menschenrechte nicht verletzt werden und die Kandidaten freiwillig dort sind. Da die Einschaltquoten hoch sind möchte man die Werbebotschaft dort platzieren.

Nun ja, der Grad zwischen Menschenrechte und Menschenwürde ist sicherlich eng gesteckt, aber diese Antwort zeigt, daß es, wie bereits im Ursprungsbeitrag angedeutet, nur um Quote und Geld geht. Sendeinhalte scheinen nebensächlich, solange es genügend Voyeuristen gibt.

Saturn, Danone und Mazda haben sich mehr oder weniger nur für die Kritik bedankt und wollen sich (Danone) damit befassen oder sich (Mazda) nicht weiter dazu äußern. Keine Antwort gab es bis heute von Mars, Stern, Ritter Sport und Mentos.

In einem Focus Artikel erklärt ein gewisser Georg Franck, daß der Erfolg der Sendung mit dem menschlichen Phänomen zusammenhängt, sich auch außerhalb des Fernsehens vor allem für Katastrophen, Perversionen und Skandale zu interessieren. Für mich das Ergebnis, ich schalte RTL einfach nicht mehr ein und muß akzeptieren, daß Fernsehen nicht mehr das Niveau von früher hat. Willkommen liebe Voyeuristen bei der nächsten Katastrophe.

P.S.: Hier noch ein interessanter Focus Artikel zum Thema Werbevermarktung bei RTL. Er spiegelt in etwa das wieder was ich schon vermutet habe.

Trashshow oder Innovation

Mehr als 22 Jahre ist es her, daß RTL (anfangs noch als RTLplus) Mitte 1988 ein TV Programm über Antenne in NRW verbreitete. Was für ein Paukenschlag, als dem biederen öffentlich rechtlichen Programm plötzlich ein locker moderierter Wind entgegen wehte. Moderatoren, die man zum Teil aus dem Radio kannte, zeigten hier ihr Gesicht in die Kamera und Nachrichten zeigten nicht mehr nur Auslandspolitik sondern das, was den Bürger interessierte, Nachrichten von „nebenan“. Insbesondere die dritten TV Programme konnten eine Menge lernen und haben es meiner Meinung nach auch gelernt. Regionalnachrichten interessieren häufig mehr als das Geschehen in fernen Ländern.

Irgendwann mußte sich die private Konkurrenz aber aus der sich angepassenden Fernsehwelt erneut herausheben. Zuerst wurden die Nachrichten reißerischer, dann folgten sogenannte Reatityshows und mitlerweile geht es nur noch um Quote. Gerne würde man vermutlich die Kamera direkt in deutsche Schlafzimmer halten, da das aber, wenn überhaupt nur nach 23.00 Uhr gesendet werden könnte gibt’s eben Shows, die sogenannte „Stars“ (auf der Suche nach Bauern oder Schwiegertöchtern) präsentieren, „Stars“ blamieren („Deutschland sucht den Superstar“) und „Stars“ in Situationen schicken, die man in seinen künsten Träumen nicht erleben möchte („Dschungelcamp“).

Und die Nation schaut zu, unerklärlicherweise, schaut die Nation zu und die werbetreibende Industrie scheint den Trash auch noch zu sponsern. Ich habe heute Abend beispielhaft ca. 25 Min. nach Sendestart mal in das Dschungelcamp gezappt und den Werbeblock abgewartet. Alleine was ich da ohne Ton gesehen habe war ja schon sowas von grenzwertig … ich will’s garnicht beschreiben. Der Werbeblock hatte dann, neben RTL Eigenwerbung nur ganze 8 Spots. Folgende Produkte wurden beworben:

    Stichprobe am 17.01.2011

      Mars (Schokoriegel)
      Carglas
      Fruchtzwerge
      Wella (Haarspray)
      Parship
      Ritter Sport
      Vodafone

    Stichprobe am 18.01.2011

      Carglas
      Mentos
      Saturn
      Mazda

Ich entnehme daraus, daß diese Hersteller sich zwischen Kakalaken, Spinnen und sonstigem Getier heimisch fühlen und auch ihre Produkte zwischen kotzenden C-Promis angesiedelt sehen. Oder hat RTL ein Werbekonzept, daß dem Anbieter nur dann zu Zeiten eines Blockbusters werben läßt, wenn auch bei Trashshows geworben wird? Ich kann mir das nicht vorstellen. Ich habe eine Auswahl der Werbetreibenden Firmen angeschrieben und nachgefragt, warum man der Meinung ist, bei dieser Trashshow zu werben. Das Ergebnis verkünde ich dann demnächst an dieser Stelle.

Quote, Trash und Traditionen

fernsehenIch würde ja gerne mal Mäuschen spielen bei einer Fernsehredaktionskonferenz. Während die Privatsender immer mehr in den Trash- und Boulevarbereich abdriften (Inhalt egal, Hauptsache die Quote stimmt) verstricken sich die Intendanten der öffentlich rechtlichen Sender in Gerangel darum, was man senden darf und was nicht.

Erinnert ihr euch an die Parodie von Bastian Pastewka in der SAT 1 Wochenshow? Diese 10 Jahre alte Comedy mit „Herbert Görgens“ und sein Spruch „Komm ich jetzt im Fernsehen?“ ist, wie ich finde, heute aktueller denn je. Wie schaffe ich es einen Noname so ins Licht der Öffentlichkeit zu zerren, daß er sich möglichst lächerlich macht. Da soll es einen Kandidaten geben, der bisher in jedem RTL Casting aufgetreten ist und in jedem Casting wieder als schlechtester Sänger abgebügelt wurde. Mal ehrlich sollte man solche Menschen nicht eher bedauern? Für die sechste Staffel von „DSDS“ haben sich 31.000 Nachwuchssänger beworben.

Gerade kein Noname in Reichweite? Dann darf auch ersatzweise mal die B-, C- oder D-Prominenz herhalten. Kaum winkt ein Sender mit 5-stelligen Honoraren steht die „Prominenz“ Schlange. Von PromiBoxen bis Dschungelcamp. Nennt mir einen bekannten Film mit Ingrid van Bergen. Ich kenne keinen, aber das ist vermutlich mehr mein Problem 😀 .

Und die öffentlich Rechtlichen, sie versuchen nach wie vor die „jüngere“ Zielgruppe zu erreichen. Dazu verpflichtet man ausgerechnet Oliver Pocher. Und es kommt, wie es kommen muß, kaum tritt er nicht so auf, wie es die Statuten verlangen, will man ihn am liebsten auch schon wieder loswerden.

Bleibt der Samstagabend, traditionell Showtag im deutschen Fernsehn. Ein Spagat zwischen Volksmusik und Heimatfilm. Letzter Quotengarant „Wetten daß“ (auch eine Sendung, an der sich die Geister scheiden). Diesen Samstag gab es, passend zum Trash Format bei den Privaten eine „Scheißwette“ und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Tiere erkennen an ihrem Kotgeruch. Warum nicht, seit Zoosendungen in allen Kanälen laufen (und zu Hause riecht man schließlich nichts davon), doch eine naheliegende Wette. Aber nein, schon hagelt es wieder Beschwerden. Angelika Niebler, Mitglied im ZDF-Fernsehrat, hat dem ZDF-Intendanten in einem Brief „ekelerregende Entgleisung“ vorgeworfen. Nebenbei, ich fand’s lustig.

Ich vermisse Menschen, die man noch mit einem Sender verbinden kann, Menschen die mehr tun, als nur ihr Gesicht in die Kamera halten und die mehrfach abgesegneten Texte vom Teleprompter ablesen. Wie bitte? Ihr habt garkein Fernsehgerät? Das bewundere ich, aber es ist konsequent. Glückwunsch.